2. Sep.: „Die Versorgung mit Kartoffeln beunruhigt die Verbraucher schon in erheblichen Maße, obwohl der Ernteausfall, wenn das Regenwetter nicht weiter anhält, keine Veranlassung dazu gibt. Die Beunruhigung ist auf einen anderen Grund zurückzuführen. Ein Teil der Bevölkerung kann mit seinem Einkommen der Geldentwertung nicht folgen und sieht daher der Eindeckung mit Kartoffeln mit Bangen entgegen. Neben Maßnahmen der Regierung gegen de Kartoffelauslauf durch Unbefugte, empfiehlt es sich, daß in jedem Kreise die Versorgung der minderbemittelten Bevölkerung (…) verfolgt wird.“ (LW)
2. Sep.: „In unser Genossenschaftsregister ist heute unter Nr. 39 eingetragen Kartoffelbezugsgenossenschaft Lingen (Ems), eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht in Lingen. Gegenstand des Unternehmens: Beschaffung von Kartoffeln im Großen und Ablaß im Kleinen an die Mitglieder.“ (LW)
5. Sep.: „Die andauernde Kohlennot zwingt uns zur Wiedereinführung von Gassperrstunden, und zwar wird vom 1. September ab der Gasdruck von mittags 1-3 Uhr, abends von 6-7 Uhr und von abends 10 ½ Uhr bis morgens 5 Uhr gesperrt. (…) Die Verwaltung des städtischen Gas- und Wasserwerkes.“ (LW)
9. Sep.: „Elektrizitätswerk. Der seiner Zeit von den städtischen Kollegien gefaßte Beschluss, zusammen mit einem anderen Gesellschafter das Werk zu bauen, scheitert jetzt an dem zur Zeit herrschenden Geldmangel und der Unmöglichkeit, die nötigen Kapitalien aufzubringen.“ (LV)
12. Sep.: „Die Lingener Sammlung der Altershilfe des deutschen Volkes ergab die Summe von 21 175,15 Mk. (…) Möge das zu Ende geführte Werk die Not der armen alten Leute nur in etwas lindern.“ (LW)
12. Sep.: „Von der Geschäftsstelle des Bezirksverbandes des Zentralverbandes deutscher Kriegsbeschädigter und Hinterbliebener Osnabrück (…) wird uns mitgeteilt, daß seitens des Arbeitsministeriums Maßnahmen getroffen worden sind, das Versorgungsamt Lingen aufzulösen und dem Versorgungsamt Osnabrück anzugliedern. Die Auflösungsaktion soll mit dem 1. Januar 1923 in Kraft treten. (…) (Es) gibt uns als Kriegsopferorganisation die Auflösung des Versorgungsamtes Lingen sehr zu denken Anlaß, wenn wir an die vielen beinamputierten Kameraden denken, die an den festgesetzten Prothesentagen zur Anmeldung und Maßnahme nach Osnabrück fahren müssen, beim Umsteigen große Schwierigkeiten zu überwinden haben. (…) Von großer Tragweite scheint uns auch die Übernachtungsfrage. (…) Angesichts dieser Tatsachen können wir als Kriegsopferorganisation diese Auflösungsmaßnahmen keineswegs mit Freuden begrüßen.“ (LW)
16. Sep.: „Gestern hielt der Verband christlicher Heuerleute, Pächter und Kleinbauern eine stark besuchte Vertrauensmännerversammlung ab. (…) (Es) wurde der Vorschlag des oldenburgischen Ministerpräsidenten besprochen, eine Naturalsteuer zu erheben von Grund und Boden. Im Prinzip erklärte sich die Versammlung damit einverstanden. (…) Auf Anregung eines Vertrauensmannes aus dem Kreise Bentheim wurde unter jubelnder Zustimmung beschlossen, die Regierung zu bitten, allen Roggen und Weizen , der als Naturalpacht gezahlt würde, zum Umlagepreis zu beschlagnahmen. Kein Mitglied solle sich auf Naturalpacht einlassen. (…) (Man) dürfe hoffen, im Verein mit den Bodenreformern, deren Führer Damaschke nächstens in Lingen sprechen wolle, ein naturgemäßes deutsches Bodenrecht zu erkämpfen.“ (LW)
16. Sep.: „Die auf gestern Abend bei Nave von der Spitzenvertretung der Vereinigung von Handel und Handwerk anberaumte Versammlung war sehr gut besucht. (…) Der Verbraucher dürfe nicht von jedem Geschäftsmanne voraussetzen, daß er nur sein Warenlager gefüllt halte und warte, bis die Preise so hoch seien, daß er ein glänzendes Geschäft beim Verkauf mache. Tatsächlich ständen doch ¾ der deutschen Gewerbetreibenden vor dem Konkurse.“ (LV)
16. Sep.: „Der Wirteverein von Lingen und Umgebung teilt uns mit, daß er sich in der letzten Versammlung vom 14. 9. infolge des Druckes der Brauereien gezwungen sah, das 20tel Liter Bier auf 3 Mark im Preise ab 17. September 1922 zu erhöhen. Die ungeheuren Licht- und Kohlenpreise haben nicht zuletzt diese Preiserhöhung nach sich gezogen.“ (LW)
23. Sep.: „Den Bezugspreis (des Lingenschen Wochenblattes) müssen wir, dem Druck der Verhältnisse viel zu spät folgend, ab 1. Oktober auf monatlich 45 Mark festsetzen. (…) Heute kostet ½ Pfund Butter 120 Mark, 8 Eier oder 4/10 Pfund Speck mindestens ebensoviel. (…) Wenn die Heimatpresse nicht in Gefahr kommen soll, dem allgemeinen Zeitungssterben ebenfalls zu verfallen, dann müssen unsere Leser das kleine Opfer bringen.“ (LW)
23. Sep.: „Der Arbeiter-Gesang-Verein ‚Hoffnung‘ beabsichtigt, um dem allgemeinen Wunsche Rechnung zu tragen, einen Frauen-Chor ins Leben zu rufen.“ (LW)
28. Sep.: „In einer zwischen den hiesigen Arbeitgebern des Baugewerbes und den Vertretern der Bauarbeiter stattgefundenen Besprechung wurde vereinbart, daß in den nächsten zwei Lohnwochen vorläufig sechs Ueberstunden geleistet werden sollen. Der volle Lohn dieser Ueberstunden soll der Sammlung für Notleidene und Arme überwiesen werden.“ (LW)
30. Sep.: „In einer starkbesuchten Versammlung nahmen die hiesigen Eisenbahnarbeiter aller Organisationen Stellung zu den Auswirkungen der Lohnpolitik der maßgebenden Instanzen. Es wurde von allen Rednern zum Ausdruck gebracht, daß in der jetzigen Zeit, in der auch die besser bezahlten Handwerker das Existenzminimum bei Weitem nicht erreichen, weitere Staffelungen nach den einzelnen Lohngruppen unbedingt vermieden werden müßten.“ (LV)
30. Sep.: „Mitbürger! Die erschütternde Tatsache, daß über 300 Familien und Einzelpersonen in Lingen nicht in der Lage sind, sich für den bevorstehenden Winter auch nur in bescheidenstem Maße mit Lebensmittel- und Brennstoffvorräten sowie mit den notwendigsten Winterkleidungsstücken zu versehen, zwingt zu rascher durchgreifender Hilfe. (…) Opfersammlung für die Notleidenen der Stadt Lingen. Jeder Mitbürger wird aufgefordert, sich an dieser Sammlung mit allen Kräften zu beteiligen, und zwar so zu beteiligen, daß er seine Gabe selbst als ein Opfer empfindet und nicht als ein Almosen, um den Sammler los zu werden. Etwa 3 Millionen Mark sind erforderlich, um unsere Notleidenen Mitbürger vor dem größten Elend, vor Hunger und Frost zu bewahren.“ (LW/LV)
Aus dem Lingener Volksboten (LV) und dem Lingenschen Wochenblatt (LW). Die Zeitungen sind einsehbar im Stadtarchiv Lingen, Baccumer Str. 22, 49808 Lingen (Ems). www.stadtarchiv-lingen.de