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Zeitungschronik – März 2022

Zeitungschronik_1922_03

Zeitungschronik - Lingen vor 100 Jahren

März 1922

6. März: „In der heutigen Plenarversammlung der städtischen Kollegien wurde folgendes verhandelt: (…) Beschluß über die Verwendung des Hauses Schwedenschanze Nr. 11 (früheres Bezirkskommando). Es wurde beschlossen, das Haus zu einer Schule auszubauen. (…) Zum Ankauf des Hüttengrundstückes mit aufstehenden Gebäuden, welche teilweise zu Volksschulzwecken benutzt werden sollen, wurde die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 1.000.000 Mark (…) beschlossen. (…) Vornahme baulicher Aenderungen an der alten Apotheke. Der Magistrat schlug vor, in dem vorderen Teile der Apotheke das Wohnungsamt, das Büro des Elektrizitätswerks, das Gasbüro und im Nebenhause das Brotkartenbüro unterzubringen. Das dadurch freiwerdende frühere Heßlinge Haus am Markt könne die Stadt jeder Zeit als Geschäftshaus günstig vermieten. (…) Der Magistrat schlug vor, sich an der Unterstützung notleidender Kleinrentner stadtseitig zu beteiligen und einen Betrag von etwa 10.000 Mark (…) zu übernehmen. Die Kollegien stimmten (…) diesem Antrage zu. (…) Außerhalb der Tagesordnung wurde noch die Kartoffelfrage, welche außerordentlich dringlich ist, besprochen.“ (LV)

11. März: „Dienstag, den 7. d. M. fand im Saale des Hotels Heeger eine Versammlung des Volksvereins statt, die sich eines guten Besuchs erfreute. Der neue Ortsgeschäftsführer Herr Rektor Brinkmann hat es verstanden, die Begeisterung in den Herzen der alten Vertrauensleute wieder wachzurufen.“ (LV)

11. März: „Dem Verband Christlicher Heuerleute ist es gelungen, den bekannten Bodenreformer Prof. Dr. Ermann, Münster, zu einem Vortrage in Lingen zu gewinnen. Prof. Ermann wird besonders über die Frage der Oedlandkultivierung und des Besitzrechtes am Oedland sprechen. (…) Die Bodenreformer haben bekanntlich die Parole ausgegeben: Frei Land! Jedem ein Eigenheim! (…) Da der Redner einer der Führer der großen Bewegung ist, bedeutet die Versammlung für das Emsland ein Ereignis.“ (LW)

11. März: „Ein orkanartiger Sturm am Mittwoch abend, der fast aus allen Gegenden des Reiches gemeldet wrid, hat auch hier seine Visitenkarte abgegeben und zahlreichen Schaden angerichtet. Fensterscheiben, Dachziegel, Windfänge sind zerstört. Bei zwei Neubauten stürzten die Dachgerüste ein, glücklicherweise ohne jemanden zu verletzen.“ (LV)

11. März: „Warnung! Die nächtlichen Ruhestörungen unserer Stadt in unserer Stadt haben in letzter Zeit trotz mehrfacher Bestrafung derartig überhand genommen, daß mit den schärfsten Mitteln dagegen vorgegangen werden muß. Es ist eine Rücksichtslosigkeit, wenn insbesondere die Anwohner belebter Straßen nachts stundenlang in ihrer Ruhe gestört werden. Als gemeine Rohheit muß es aber bezeichnet werden, wenn vor dem hiesigen Krankenhause (…) förmliche Skandalszenen durch Johlen, Singen, Musizieren und Tanzen aufgeführt werden. Kranke und Pflegeschwestern, die aus den Fenstern des Krankenhauses um Ruhe baten, wurden noch obendrein verlacht und verhöhnt und die Ruhestörungen weiter fortgesetzt. Die hiesigen Polizeibeamten haben strenge Anweisungen erhalten, mit rücksichtsloser Schärfe gegen derartige Rohheiten einzuschreiten. (…) Die Allgemeinheit wird aufgefordert, uns in dem Kampf gegen die Verrohung der Jugend tatkräftig zu unterstützen. Lingen, den 8. März 1922. Der Magistrat. Gilles“ (LW)

14. März: „Der nächste Weltkrieg, so lautet, wie uns geschrieben wird, das Thema, über welches Herr Blasius am Donnerstag (…) im Saale des Hotels W. Nave einen Vortrag halten wird. Der Redner behandelt auf Grund persönlich wahrgenommener Visionen in kurzen Umrissen die Entwicklung der politischen Ereignisse im fernen Osten, die gelbe Gefahr, gipfelnd in dem Sturz Frankreichs und Englands als Strafgericht für die zerstörende Gewaltdiktatur der Ententemächte über Deutschland.“ (LW)

15. März: „500 Mk. Belohnung zahlen wir demjenigen, der uns die Personen namhaft macht, die in der Brögberner Gemeindejagd Schlingen stellen, damit wir die Wilddiebe anzeigen und dann gerichtlich bestrafen lassen können. Die Jagdpächter“ (LV)

18. März: „Zwei Sträflinge, welche von der Arbeit auf dem Rennplatze entwichen waren, sprachen abends bei einem hiesigen Landwirt, als dieser schon in süßem Schlummer lag, vor, um von ihm Kleidung usw. zu holen. Als die beiden Eindringlinge bemerkt wurden, drohten sie dem Landwirt und erzählten, daß das ganze Gefängnis in Lingen ausgebrochen sei. Sie nahmen ihm zwei komplette Anzüge, die sie inzwischen schon angezogen hatten, mit, und obendrein mußte der Landwirt einem jeden noch eine Braunschweiger Wurst, Speck und Brot mitgeben, (…) und nun wurde die Reise angetreten. (…) Der Landwirt (…) ergreift, nur spärlich mit dem Hemd bekleidet, sein Jagdgewehr, und so gings (…) den beiden Banditen nach, (…) bis er kurz vor Bawinkel zwei Mann auf sich zukommen sah. Er suchte hinter einer Hecke Deckung und legte an, (…) wagte nicht, den Hahn zu ziehen, und  ließ die beiden Verbrecher vorbeimarschieren. Der Landwirt trat, nachdem er noch zuvor von einem guten Mitmenschen mit Hose bekleidet war, die Heimreise an.“ (LV)

18. März: „Seit geraumer Zeit war es ein großes Bedürfnis, den großen Uebelständen, welche unsere Märkte gezeigt haben, abzuhelfen. (…) Da nun der Hüttenplatz in den Händen der Stadt Lingen ist, wird einstimmig der Wunsch der Händler und Landwirte breit, dorthin den gesamten Viehmarkt zu verlegen, weil gerade diese Besitzung durch ihre äußerst günstige Lage wohl der bestgeeignete Platz ist.“ (LW)

22. März: „Die bisherige Bezeichnung des Weges ‚An der Kuhweide‘ ist durch Beschluß des Magistrats in ‚Langschmidtsweg‘ umgeändert worden.“ (LW)

29. März: „Bawinkel. (…) In der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 3 Uhr wurde der Bahnhofswirt Tihen von hier von dem Dienstmädchen (…) telephonisch benachrichtet, daß wieder Einbrecher am Werke seien. (…) Er stellte sich hierauf erwartend hinter einen in der Nähe befindlichen Holzhaufen mit geladenem Gewehr auf. Nach etwa ¼ Stunde kam vom Bahnhofsgebäude ein Mann her, welcher in Richtung nach Lingen ging. (…) T. schoß auf ihn, worauf derselbe zur Erde fiel. Der von Lingen sofort herbei gerufene Arzt ordnete die Überführung des an Kopf und Hals Schwerverletzten ins Krankenhaus Lingen an, in dem er am anderen Tag verschied. Wie sich bis jetzt herausgesteltt hat, war es der Haussohn Ahlers aus Bawinkel, welcher schon seit längerer Zeit in Dortmund als Grubenarbeiter beschäftigt ist. Es besteht wohl kaum ein Zweifel mehr, daß Ahlers auch an den im letzten Vierteljahr hier im Bahnhofsgebäude und der Molkerei ausgeführten Einbrüchen mitbeteiligt ist." (LV)

30. März: „Plenarversammlung. (…) Verwendung der demnächst freiwerdenden Fischteiche bei der Männer-Badeanstalt. Der Antrag Kerckhoff auf Weiterverpachtung der Fischteiche wird abgelehnt. Das Grundstück soll als Garten- bzw. Wiesenland verpachtet werden. Die (…) Entwässerung und Anlage der Zufahrtswege soll vom Magistrat veranlasst werden.“ (LW)

Aus dem Lingener Volksboten (LV) und dem Lingenschen Wochenblatt (LW). Die Zeitungen sind einsehbar im Stadtarchiv Lingen, Baccumer Str. 22, 49808 Lingen (Ems). www.stadtarchiv-lingen.de



Artikeldatum: 1. March 2022
Fotos v.o.n.u.: Stadtarchiv Lingen