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Zeitungschronik – Juni 2022

Zeitungschronik Juni 1922

1. Juni: „Ein Brand, der leicht schlimmere Folgen hätte nach sich ziehen können, entstand gestern nachmittag im Hause Großestraße 20, in der Wohnung des Oberbriefträgers a.D. August Uhde. (…) Recht merkwürdig war die Entstehung desselben, als zu genannter Zeit Uhde sich allein in dem Zimmer befand und eine Pfeife rauchte. Durch eine inzwischen erfolgten Schlaganfall verschied Uhde, worauf die glimmende Pfeife Feuer fing. Mit August Uhde ist eine alte stadtbekannte Persönlichkeit dahingegangen. Er ruhe in Frieden!“ (LW)

1. Juni: „In letzter Zeit sind verschiedene Heidebrände entstanden, die absichtlich oder fahrlässig angelegt waren. Ich mache wiederholt darauf aufmerksam, daß das Abbrennen von Heide nur mit meiner Genehmigung erfolgen darf. (…) Den Landwirt Heinrich Heskamp in Sommeringen und den Müller Doe in Ramsel habe ich wegen des Abbrennens von Heide ohne Erlaubnis mit je 200 Mk. bestrafen müssen. (…) Der Landrat. Pantenburg“ (LW)

3. Juni: „Am vergangenen Donnerstag ist das Denkmal für die im Kriege gefallenen ehemaligen Lehrer und Schüler des Gymnasiums aufgestellt worden. Ein Hünenstein ist auf drei Trägern dem Eingang des Gymnasiums gegenüber errichtet. Die Aufstellung des Steines, der eine außergewöhnliche Größe hat, gelang mit Hilfe großer Hebewerzeuge, die dem Gymnasium von befreundeter Seite zur Verfügung gestellt wurden. Die Tafel mit den Namen der Gefallenen und die Anlage um das Denkmal werden im Laufe des Sommers fertig gestellt werden.“ (LV)

8. Juni: „Nach neun Jahren langer Pause wurde das Fest der Kivelinge gemäß alter Ueberlieferung begangen. Schon die Uebung am Himmelfahrtstage gab einen Auftakt zu dem mit sehr viel gutem Willen und Geschmack – wenn auch leider mit nicht immer gleich gutem Erfolge und Geschick – vorbereiteten Jubelfeste unserer Lingener Jugend. (…) So ist es sehr gut zu verstehen, wenn hier und dort nicht alles nach Wunsch klappte. Wir möchten (…) hervorheben, daß gerade die Eigenart der Mitgliedschafts-Bedingung, nämlich das Unverheiratetsein, die meisten alten erfahrenen Mitglieder seit dem letzten Feste 1913 ausscheiden ließ und nur jungem Nachwuchs es überlassen blieb, das Fest vorzubereiten. (…) Die mangelnde Organisation hatte nun bei der Krönung (…) den teilweise amüsanten Erfolg, daß, da der Herr Musikleiter die gesprochenen Worte nicht verstehen konnte, (…) er seine Kapelle einfach dann ‚Tusch‘ blasen ließ, wenn die näherstehenden Kivelinge (…) ihrer Begeisterung durch Mützenschwenken und Bravorufen Ausdruck verliehen. (…) Wir kommen zu dem Dummenjungenstreich des Abreißens der schwarz-rot-goldenen Fahne vom Kaufhaus S. Hanauer u. Co. (…) Es ist (…) verständlich, wenn auch nicht zu billigen, wenn Anhänger der alten Farben gegen das Erscheinen der neuen Fahne in Lingen mit solchen Zerstörungsabsichten zu Felde ziehen.“ (LW)

10. Juni: „Das neue Hartgeld wird Anfang Juli zur Ausgabe gelangen. Die Münzen prägen zurzeit größere Mengen der neuen Ein-, Zwei- und Fünfmarkstücke aus Aluminium und Kupfer aus. Dadurch wird das von den Gemeinden herausgegebene Notgeld überflüssig. Von einem Mangel an Kleingeld dürfte jetzt nicht mehr die Rede sein.“ (LW)

10. Juni: „Die durch die Zeitverhältnisse fortgesetzt drohende Seuchengefahr insbesondere von Cholera und Thyphus läßt es mir erwünscht erscheinen, den Kreiseingesessenen die Möglichkeit zu geben, nötigenfalls zum persönlichen Schutz Impfungen gegen Cholera und Thyphus durch die praktischen Ärzte an sich vornehmen zu lassen. Das Institut für Infektionskrankheiten ‚Robert Koch‘ in Berlin No. 39, Föhrerstraße 2, hält die nötigen Impfstoffe vorrätig. (…) Der Landrat. Pantenburg“ (LW)

10. Juni: „Der Verein der Elektrizitätserzeuger im Kreise Lingen erlaubt sich eine höfliche Anfrage, wie weit die Arbeiten für die Erbauung des Kraftwerkes auf Haneken gediehen sind.. Die Öffentlichkeit (…) hat den lebhaften Wunsch, mehr über den Fortschritt der Arbeiten zu erfahren. Es wurde in mehreren öffentlichen Versammlungen ausdrücklich betont, daß jeder Tag der Verzögerung der Inbetriebnahme einen Verlust von 20.000 Mark und darüber bringt, und darum ein beschleunigter Bau geboten wäre.“ (LW)

13. Juni: „Wie wir hören, will Herr Kayser am 1. Juli Datteln verlassen, um eine aussichtsreiche Stellung als Leiter des Oratorien- und Konzertvereins sowie des Cäcilienchores Lingen anzutreten.“ (LW)

14. Juni: „Der Flur in der katholischen Pfarrkirche war durch viele Löcher und Unebenheiten unbrauchbar geworden und bedurfte der Erneuerung (…) Jetzt ist der neue Flur glücklich fertiggestellt.“ (LV)

17. Juni: „Ein erfreuliches Zeichen wieder belebter Freude an idealer Betätigung ist es, daß der hiesige Musikverein seine noch in Lingen anwesenden Mitglieder zu einer Besprechung über Wiederaufnahme der früheren Arbeit einlädt.“ (LW)

28. Juni: „Lingen, 26. Juni. Heute nachmittag fand auf dem Marktplatze eine große Kundgebung gegen die Ermordung unseres Außenministers Dr. Walter Rathenau statt. Als erster Redner führte Herr Baurat Weinmann im Namen der Deutsch-Demokratischen Partei folgendes aus: ‚(…) Die Täter sind zu suchen in den Kreisen, die nichts gelernt und vergessen haben, die zu ihrer eigenen Entlastung nichts anderes als die berühmte Dolchstoßlegende erfunden haben (…)‘. Herr Studienassesor Kosicki sprach im Namen der Zentrumspartei: ‚(…) Armes, armes Vaterland! (…) Sollen alle die, die ihre Kräfte dir weihen, vogelfrei den Handgranaten und Revolverkugeln politisch unreifer, nur durch eine gewissenlose Hetze verführter Burschen ausgeliefert sein?‘ (…) Namens der beiden sozialistischen Parteien sprach (…) Herr Verbandssekretär Heinze (…).  Die Reichswehr sei nach seiner Ansicht baldmöglichst dahin umzuformen, daß in ihr nur solche Elemente Aufnahme fänden, die voll und ganz auf dem Boden der Republik ständen.“ (LV)

27. Juni: „Es besteht wohl kein Zweifel, daß auch in der gesamten Deutschen Volkspartei vom ersten bis zum letzten Mann ehrliche Entrüstung über die feige Bubetat im Grunewald herrscht und daß es tief bedauerlich ist, daß solch ein hervorragender Mann wie Dr. Rathenau ein derartig schreckliches Ende finden mußte. Um so unverständlicher ist es, wie die Einberufer der Protestversammlung am Montag Mittag die Deutsche Volkspartei hierbei übersehen konnten. (…) Deutsche Volkspartei, Ortsverein Lingen“ (LW)

Aus dem Lingener Volksboten (LV) und dem Lingenschen Wochenblatt (LW). Die Zeitungen sind einsehbar im Stadtarchiv Lingen, Baccumer Str. 22, 49808 Lingen (Ems). www.stadtarchiv-lingen.de 



Artikeldatum: 2. June 2022
Fotos v.o.n.u.: Stadtarchiv Lingen