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Archivalie – November 2025

Laterne, Laterne…
Laterne auf der Rathaustreppe (Postkartenausschnitt).
Große Laterne auf dem Marktplatz, nach 1912.
Hängende Laterne in der Lookenstraße.

Hamburg hatte sie seit 1675, Berlin seit 1679, andere deutsche Großstädte bekamen sie Anfang des 18. Jahrhunderts. Lingen hatte sie auch 1748 noch nicht: eine Straßenbeleuchtung. Auf die Frage der Mindener Regierung, wie auf den Lingener „Hauptgassen“ denn „NachtLaternen“ installiert und unterhalten werden könnten, blieb dem Lingener Magistrat nur die Antwort, dass man zwar gesehen habe, dass „sothane heilsahme Veranstaltungen nicht allein zur Zierde der Stadt, sondern auch zu jedermans Commodität und Nothwendigkeit gereichen“ würden, doch sah man keine Möglichkeit zur Finanzierung. Die Stadt war notorisch klamm. 1789 schien es dann doch soweit zu sein. Das Lingener Bauamt bestellte in Münster und Rheine zehn Laternen. Doch fehlte das Geld, sie zu unterhalten. An den Ecken der Hauptstraßen standen Laternenpfähle, die dazugehörigen Laternen und Lampen aber lagerten im Rathaus. Weiter kam man nicht.

1824 unternahm der Magistrat auf Drängen der Bevölkerung einen neuen Anlauf. Er bat die wohlhabenden Bürger, in eine „Laternen-Caße“ zu spenden. So konnte man Wachs, Öl und Dochte kaufen und den Tagelöhner van der Minde mit der Anzündung und Reinigung der Laternen beauftragen. Zu den acht noch vorhandenen Laternen kaufte man zwölf weitere dazu. Die Spendenbereitschaft ließ allerdings bald nach, und ab dem Winter 1827/28 blieben die Lingener Straßen wieder finster.

Erst 1837 wurden die noch vorhandenen 18 Laternen reaktiviert und sieben weitere dazugekauft. Damit wurden jetzt etwa auch das Spritzenhaus, das Lookentor und das Gymnasium in den Winternächten beleuchtet. Ein Blick auf die Rechnungen der nächsten Jahre zeigt, was für den Unterhalt der städtischen Laternen erforderlich war: altes Rüböl, Leinöl für die Frostnächte, gereinigtes Öl, um es mit dem Leinöl zu mischen, Wachslichter und Dochtgarn. Und es galt: „An den Abenden, an welchen Mondschein stattfindet, fällt die Beleuchtung aus.“

In Städten wie Hannover, Berlin oder Dresden waren bereits seit 1825/26 Gaslampen im Einsatz. Sie brannten deutlich heller als Wachs und Öl, und waren vergleichsweise rauchfrei und günstig. 1860/61 gründeten die Privatmänner Langschmidt und Jüngst ein Gaswerk, und damit entstand auch in Lingen die Möglichkeit, die Straßenbeleuchtung auf Gas umzustellen. Das Gaswerk übernahm die Kosten der Rohre, der Laternen sowie das Anzünden und Auslöschen der Flammen, die Stadt zahlte lediglich 3 ½ Pfennige pro Flamme und Stunde. 1861 begann das Werk, Gasröhren unter die Straßendecke zu verlegen, sodass im Herbst die Beleuchtung mit Gas erstmals weitflächig zum Einsatz kommen konnte. Ein „Brenn-Calender“ wurde eingeführt, der etwa vorschrieb, dass die Laternen an den Stadttoren, am Rathaus und am Spritzenhaus die ganze Nacht über brennen sollten. Für „Mondscheinabende“ galten gesonderte Bestimmungen.

Die Straßenbeleuchtung dehnte sich nun zunehmend auf die Stadtflur aus. So baten die Anwohner der Lindenstraße um mehr Licht, um „den stets auf dem Fußwege vom Felde zurück gefahren werdenden Schiebkarren, dem heimgetriebenen Weidevieh so wie den vielfach durch diese Straße getriebenen großen Rindviehheerden ausweichen zu können“. Sie bekamen nach einigem Hin und Her zwei Laternen. Und am Kanalhafen ließ die Königliche Wasserbauverwaltung eigene Gaslaternen aufstellen.

1865 verpflichtete sich der Magistrat gegenüber dem Gaswerk, gegen entsprechendes Entgelt das Anzünden und Auslöschen selbst zu übernehmen. Er beauftragte damit den Polizeidiener Harberg. Dieser hatte fortan darauf zu achten, dass die Laternen „sehr rein und in gutem Zustand sind und zur richtigen Zeit angezündet und gelöscht werden“.

Doch es kam auch zu Problemen. Die Gasröhren in der Lindenstraße waren undicht, und so starben die dortigen Lindenbäume allmählich ab. Und immer wieder machten sich Schüler einen Spaß daraus, einige Laternen zu löschen, andere wieder anzuzünden. Die Gasanstalt konnte dann rätseln, ob sie Opfer eines Streichs geworden war oder die Anzünder nachlässig arbeiteten. Zudem drängten immer mehr Anwohner auf die Beleuchtung ihrer Straße. 1919 etwa wurde eine Beleuchtung vor dem Friedhof angemahnt: „Man rennt dort in der Dunkelheit gegen Bäume.“ Stadt und Gaswerk kamen mit der Installation kaum hinterher.

Die Beleuchtung mit Gas neigte sich schließlich ihrem Ende zu. Schon um 1900 begann das elektrisches Licht, obwohl noch recht kostenintensiv, seinen langsamen Siegeszug. In Lingen begann man erst nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend auf elektrisches Licht zu setzen. Schließlich beschloss die Stadt, die Beleuchtung mit Gas endgültig einzustellen. Im September 1968 erlosch die letzte Gaslaterne in Lingen. Der radfahrende Laternenanzünder, der mit einer langen Stange die Laternen anzündete, gehörte damit der Vergangenheit an.

Quellen und Literatur:

  • StadtA LIN, Altes Archiv, Nr. 3319, 3334, 3342, 3375, 3432.
  • StadtA LIN, AV-Medien, Nr. 224.
  • StadtA LIN, Fotosammlung, Nr. 217, Nr. 2975.
  • Beesten, Werner von: Beiträge zur Chronik der Stadt Lingen aus den Jahren 1860 bis 1880, Lingen 1880.
  • Emslandmuseum Lingen: Als das Gas noch aus der Kaiserstraße kam (https://emslandmuseum.de/2022/10/28/als-das-gas-noch-aus-der-kaiserstrasse-kam/)
  • Matz, Jutta/ Mehl, Heinrich (Hg.): Vom Kienspan zum Laserstrahl. Zur Geschichte der Beleuchtung von der Antike bis heute, Husum 2000.
  • Post, Helmut: Industrieansiedlungen und soziale Lage der Arbeiter in Lingen zwischen 1850 und dem 1. Weltkrieg (Hausarbeit zur Prüfung für das Lehramt an Realschulen), 1979.
  • Stadtwerke Lingen GmbH (Hg.): 100 Jahre Stadtwerke Lingen. Chronik zur Firmengeschichte 1906-2006, Lingen 2006.


Artikeldatum: 11. November 2025
Fotos v.o.n.u.: © Stadtarchiv Lingen , © Stadtarchiv Lingen, © Stadtarchiv Lingen