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Bernhard Grünberg wäre heute 100 Jahre alt geworden

Ehrenbürger ist auf dem Jüdischen Friedhof in Lingen beigesetzt

Bernhard Grünberg wäre heute 100 Jahre alt geworden. Der ehemalige Ehrenbürger der Stadt Lingen verstarb am 16. Januar 2021 in seiner Wahlheimat Derby-Alvaston in Großbritannien. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Lingen beigesetzt.

Bernhard Grünberg kam am 22. März 1923 als jüngstes Kind der jüdischen Familie Grünberg in Lingen zur Welt. Seine Eltern Marianne und Bendix sowie seine Schwester Gerda wurden Opfer des Nazi-Terrors gegen die Menschen jüdischen Glaubens. Sie wurden im Dezember 1941 nach Riga deportiert. Im dortigen Ghetto wurde Bendix Grünberg ermordet, Mutter und Schwester erlitten dieses Schicksal im Jahre 1944 im Konzentrationslager Stutthof.

Bernhard Grünberg gelang es 1938 – nur mit einem Koffer als Handgepäck – als eines von fast zehntausend ausgewählten jüdischen Kindern mit einem der Kindertransporte Deutschland zu verlassen und nach England auszureisen. So überlebte er als einziger seiner Familie den Holocaust.

Bernhard Grünberg nahm die britische Staatsangehörigkeit an und anglisierte seinen Namen in Bernard Grunberg. Dank einer Initiative der Schoa-Überlebenden Ruth Foster, geb. Heilbronn, erfuhr die Stadt Lingen (Ems) 1986 davon, dass Bernhard Grünberg lebte. Noch im gleichen Jahr folgte er einer Einladung in seine Geburtsstadt, um an der Enthüllung des Gedenksteins zur Erinnerung an die ermordeten jüdischen Familien aus der Emsstadt teilzunehmen. Diesem ersten Besuch folgten viele weitere Aufenthalte in Lingen, oft gemeinsam mit seiner Frau Daisy, die 2001 verstarb. Unvergessen sind seine Besuche in den Schulen. In zahlreichen, tiefe Betroffenheit auslösenden Vorträgen mahnte er eindringlich insbesondere junge Menschen, dass sich der Holocaust niemals wiederholen dürfe.

Trotz des unermesslichen Leids, das ihm widerfahren ist, brachte er den Bürgerinnen und Bürgern Lingens großes Vertrauen, Verständnis und Dankbarkeit entgegen. Im Jahr 1993 erwies Bernhard Grünberg der Stadt Lingen (Ems) die besondere Ehre, die ihm angetragene Ehrenbürgerschaft anzunehmen. 1998 nahm er an der Enthüllung eines Gedenksteins zu Ehren seiner Familie und an der Einweihung der Jüdischen Schule teil. Seit dem Jahr 2000 ziert ein von Bernhard Grünberg selbst geschmiedetes Tor den Eingang dieses Lern- und Gedenkortes. Als bleibende Erinnerung an den Ehrenbürger trägt eine der Straßen im Emsauenpark den Namen Bernard-Grünberg-Straße. Zudem erinnern Stolpersteine in der Georgstraße an das Schicksal der Familie Grünberg und ihrer Angehörigen.

Auch in seiner neuen Heimat England engagierte sich der Lingener Ehrenbürger im Kampf gegen Antisemitismus und Rassenwahn. In der Holocaust-Gedenkstätte Beth Shalom in Laxton mahnte er jahrelang fast wöchentlich, die Naziverbrechen „nicht zu vergeben“ und die Opfer „nicht zu vergessen“.



Artikeldatum: 22. März 2023
Fotos v.o.n.u.: k.A., k.A., k.A.