2. Juni: „Schulfrei aus Anlaß der Volkszählung. Der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung hat verfügt, daß, sofern der Unterricht infolge der Ausübung des Zählgeschäfts durch Lehrer nicht durchgeführt werden kann, die Schulen an einem Tage geschlossen werden.“ (LV)
2. Juni: Elektrizitätsversorgung! Die Arbeiten an den Hochspannungsleitungen sind soweit gediehen, dass mit der Aufnahme der Strom-Lieferung in der Stadt Lingen im Juli ds. Js. gerechnet werden kann. Wir bitten alle Interessenten, die sich an die Überlandzentrale (kein Provisorium) anschliessen wollen u. die ausserhalb d. Stadtgrabens wohnen, sich zwecks Herstellung des Anschlusses, der durch uns kostenfrei erfolgt, in der Zeit von 8 bis 11 Uhr vormittags in unserem Büro, Kivelingstrasse 2, zu melden. Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen GmbH, Bezirksstelle Lingen-Ems.“ (LV u. LW)
4. Juni: „Achtung! Elektrizitätsversorgung! Anfang der kommenden Woche beginnen wir mit der Stromlieferung in das von uns erbaute Netz der Stadt Lingen. Die Arbeiten in den noch unausgebauten Stadtteilen, insbesondere in der Peripherie werden mit aller Beschleunigung weitergeführt, sodass jeder Einwohner der Stadt bis Ende des Monats mit elektrischer Energie versorgt werden kann! Die Herstellung der Anschlüsse erfolgt durch uns völlig kostenlos. Alle Interessenten innerhalb und ausserhalb des Walles bitten wir, ihre Wünsche in unserm Büro Burgstrasse 5 (Städtische Sparkasse) zu äussern oder dem damit von uns beauftragten Beamten ihre Unterschrift abzugeben. Die Anzeigen des E. W. Westfalen, die in den letzten Tagen in verschiedenen Lokalzeitungen erschienen, sind auf Irreführung des Publikums berechnet. Es wird ausgeschlossen sein, dass das E. W. Westfalen im Juli in Lingen Strom liefern kann, da dasselbe mit dem Bau der Leitungen bis zu diesem Termine unmöglich fertig wird. Ausserdem ist von Wichtigkeit, dass auch dem E. W. Westfalen seitens des Landesdirektoriums der Provinz Hannover die Ueberkreuzung der Provinzialstrassen vorläufig verboten wurde, bis die Streitfrage zwischen Kreis und Emsland geklärt ist. Im eigenen Interesse bitten wir deshalb sämtliche Einwohner der Stadt Lingen ihre Unterschrift nur an uns abzugeben. Kraftwerk Emsland GmbH.“ (LV u. LW)
9. Juni: „Ein gewaltiger Wald- und Heidebrand hat am Sonnabend zwischen Bakelde und Wietmarschen gewütet. Seit Tagen brannte es bereits in der Bakelder Gemarkung im Moor, und das Feuer fraß sich bei dem Ausbleiben von Niederschlägen weiter und weiter. Eine große Fläche Moor und Heide war bereits davon ergriffen worden; der Schaden war aber noch nicht so sehr groß, da es sich vorwiegend um Ödland handelte. Übrigens führt man den Ausbruch des ersten Brandes auf Unvorsichtigkeit zurück und glaubt Grund zur Annahme zu haben daß Torfstecher im Moor ein Feuer angezündet haben, das bei der Trockenheit um sich gegriffen hat und dessen sie dann nicht mehr Herr werden konnten. Am Sonnabend morgen 10 Uhr brach nun an der Lohner Grenze, nicht weit vom Wietmarscher Wald, an der entgegengesetzten Seite also, ein zweiter Brand aus. Es konnte leider nicht verhindert werden, daß er den prachtvollen Tannenbestand ergriff, der in jahrzehntelanger Arbeit zwischen Bakelde und Wietmarschen von der Fürstl. Verwaltung aufgeforstet war. (…). Zum Verhängnis wurde es, daß zwischen den Forsten noch die hohe Heide stand. Sie ermöglichte ein blitzschnelles Übergreifen der Flammen, (…). Fünf, sechs Meter hoch schlugen die Flammen über die Kronen des teilweise 30 bis 40 jährigen Bestandes. (…). Rund 1000 Morgen Tannenbestände sind vernichtet; der materielle Schaden wird auf wohl 150 000 Mark beziffert. (…). Die ungeheure Rauchentwicklung, die am ganzen Sonnabend anhielt, konnte in Nordhorn, Lingen und weit darüber hinaus beobachtet werden. (…). Es gelang aber, von den bedrohten Wohnhäusern die Gefahr abzuwenden. Gegen Abend fand das Feuer nur noch Nahrung in der Heide. (…).“ (LV)
16. Juni: „Plenarversammlung.(…) Elektrizitätsversorgung. Wie bereits (…) mitgeteilt, hat der Minister für Handel und Gewerbe der Emsland GmbH das Enteignungsrecht nicht zugestanden. Bürgermeister Gilles gab in der heutigen Sitzung bekannt, der Minister habe ihm gegenüber seinen ablehnenden Standpunkt damit begründet, daß kein öffentliches Interesse vorliege, der Stadt das Enteignungsrecht zu geben, da die Stadt Lingen ja Gelegenheit habe, bis zum 1. Juli vom E. W. Westfalen beliefert zu werden. Westfalen sei übrigens verpflichtet, bis zum 1. Juli elektrische Energie zu liefern. Ferner habe das Landesdirektorium die Stadt beauftragt, die Emsland zu veranlassen, die bestehenden Überquerungen der Provinzialstraßen aufzuheben. Das sei der heutige Stand der Dinge in der Elektrizitätsfrage. (…).“ (LV u. LW)
20. Juni: „(…). Die große Volks- und Berufszählung ist vor sich gegangen. Da eine große Reihe von Fragen gestellt war und auf möglichst genaue Beantwortung Wert gelegt wurde, hatten die Zähler in Stadt und Land keine leichte Aufgabe. Durchweg waren darum auch kleine Zählbezirke gebildet, aber trotzdem war die Arbeit nicht gering. Ihre Ergebnisse dienen lediglich statistischen und volkswirtschaftlichen Zwecken; ein ungeheures statistisches Material wird bei der Riesenfülle an Antworten gewiß geraume Zeit in Anspruch nehmen.“ (LV)
23. Juni: „Plenarversammlung. (…) Instandsetzung des Rathauses. In den früheren Sitzungen war wiederholt die schlechte Lüftung usw. des Rathaussaales moniert worden. Der Konservator Professor Sieber in Hannover hat eine Besichtigung des Rathauses vorgenommen und schlug allerlei Änderungen und Reparaturen, wie Bleiverglasung der Fenster, Freilegung der Deckenbalken, Anlage einer Zentralheizung usw. vor, deren Gesamtkosten sich auf ca. 6000 Mk. belaufen. In Anbetracht der Finanznot wurde beschlossen, den Anregungen des Konservators jetzt nicht stattzugeben, sondern vorerst nur den Fußboden streichen und einen Ventilator anbringen zu lassen.“ (LV u. LW)
23. Juni: „Plenarversammlung. (…) Schaffung eines Zentralviehmarktes. (…) Die Kommission, welche des öfteren tagte und Besichtigungen abhielt, schlug den Kollegien vor, zur Hebung der Märkte die Zentralisierung vorzunehmen. In Frage standen folgende Plätze: 1. Terrain hinter der alten Apotheke. 2. Terrain auf der Wilhelmshöhe. 3. Terrain auf dem Hüttenplatze. 4. Terrain auf der Bleiche, nördl. vom Gasthausdamm. Hierzu lag auch ein Gutachten des Veterinärrats Dr. Pante vor, nach welchem wohl die beiden letzteren Plätze hauptsächlich in Frage kommen. Nach den unverbindlichen Kostenanschlägen würde die Herrichtung des Hüttenplatzes mit Wirtschaftsgebäuden ca. 19000 Mk., des Bleichenplatzes ca. 56000 Mk. betragen. Der letztere Platz scheint trotz der hohen Kosten der geeignetere zu sein, weil einmal hier eine spätere Erweiterungsmöglichkeit vorhanden ist, derselbe sich in unmittelbarer Nähe des Schlachthofes befindet und der Marktbetrieb auf dem Hüttenplatze für die neuerrichtete große Schule sicher störend wirken würde. Eine Abstimmung über die Wahl des Platzes wurde nicht vorgenommen, sondern beschlossen, in Anbetracht der überaus ungünstigen Finanzlage der Stadt, die Angelegenheit solange zu vertagen, bis die Geldbeschaffung für die Zentralisierung gesichert ist. (…).“ (LV u. LW)
30. Juni: „Die Volkszählung in unserer Stadt hatte folgendes Ergebnis: Gezählt wurden 10880 ortsanwesende Personen, davon 5439 männliche, 5441 weibliche.“ (LV)
Aus dem Lingener Volksboten (LV) und dem Lingenschen Wochenblatt (LW). Die Zeitungen sind einsehbar im Stadtarchiv Lingen, Baccumer Str. 22, 49808 Lingen (Ems). www.stadtarchiv-lingen.de