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Das Haus am Markt 20: Ein Bau im Wandel der Zeit

Wenn die Innenstadt Lingens zur großen Bühne wird und Kleinkunst an jeder Ecke die Menschen begeistert, dann wird wieder einmal der Theo Lingen-Preis vergeben. Einige Jahre fiel die Preisverleihung aus, doch in diesem Jahr, am 20. September, lebt die Erinnerung an den Schauspieler Theo Lingen wieder auf. Aus diesem Grunde auch lenkt sich der Blick dieser Tage ebenfalls auf das Café am Markt. Dort wird Geschichte greifbar. Vor allem die des prominenten Filmkomikers.

Es ist ein Donnerstagnachmittag Anfang August. Die Sonne steht hoch am Himmel, verwandelt das Emsland in ein Vakuum aus Hitze und Schwüle. Da lässt es sich im Garten des Cafés am Markt gut aushalten. Im Schutze der großen, schattenspendenden Sonnenschirme haben auf der Gartenterrasse drei Männer Platz genommen. Es sind der Diplomingenieur Alfons Kuhrs, Historiker Dr. Andreas Eiynck und Café-Inhaber Peter Lüttel. Die Runde ist vertraut. Seit vielen Jahren kennen sich die Emsländer. Gemeinsam haben sie die Entwicklung des direkt am Marktplatz gelegenen Hauses begleitet. Hätten sie vor 26 Jahren an gleicher Stelle sitzen wollen, wäre es mit der Gemütlichkeit bei Zwetschgenkuchen und Cappuccino wohl schlecht bestellt gewesen.

Stammhaus der Familie Schmitz

Denn 1994 zeigte sich das geschichtsträchtige Gebäude noch in einem ganz anderen Erscheinungsbild. Alfons Kuhrs führte in jenem Jahr erste Gespräche zum Kauf des Objektes. Für den langjährigen Manager aus der Bekleidungsindustrie war es Liebe auf den ersten Blick. „Das Haus entsprach genau meiner Zielvorstellung“, erklärt Kuhrs. Wohl auch deshalb, weil dem Emsländer die Historie des Gebäudes durchaus bekannt war. Wohnte in ihm immerhin lange Zeit die Familie Schmitz. Jener Familie, der auch der Schauspieler Theo Lingen entstammte. Entgegen vielerlei Vermutungen war es jedoch sein Vater Theodor, dessen Leben in Lingen, genauer gesagt im Haus am Markt, begann. Sein Sohn Theo wurde 1903 in Hannover geboren. Den irreführenden Namen Lingen verwendete dieser lediglich als Pseudonym im Rahmen seiner erfolgreichen Schauspielerkarriere. Angetan davon ist auch Alfons Kuhrs: „Theo Lingens Unterhaltung und Einstellung zum Leben waren bewundernswert.“ Besonders stolz ist der 83-Jährige deshalb, dass sich das Stammhaus der berühmten Familie Schmitz seit 1996 im Besitz seiner Familie befindet.

Ein Umbau mit Hindernissen

Nach Kauf des Objektes stand für Alfons Kuhrs vor allem eines auf dem Programm: Arbeit. „1996 sah das Haus schlimmer aus, als ich zunächst gedacht hatte“, erinnert sich Kuhrs. Keine Tür, die nicht 200 Jahre alt war. Staub und knarzende Dielen. 150 Jahre war das Haus nicht mehr saniert worden. Gleichwohl war dem Käufer Kuhrs durchaus daran gelegen, den alten Charme des Baus nicht zu verlieren. Gutes erhalten ist seine Devise. Die Nachricht aber, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht, forderte dennoch eine ganz neue Kalkulation. „Ein historisches Haus zu kaufen ist die eine Sache. Dieses umzubauen eine ganz andere“, weiß Kuhrs heute. Genaue Planung und die Beauftragung einer auf den Denkmalschutz spezialisierten Architektin waren vonnöten. „Es war einfach nichts nach Norm“, erinnert sich auch der Leiter des Emslandmuseums, Andreas Eiynck. Er hat damals die Umbauarbeiten begleitet. Zimmer für Zimmer habe man aufklopfen und individuell umgestalten müssen. „Das war schon wahnsinnig“, resümiert der Historiker. Es begann eine Zeit, in der das Gespann um die Männer nahezu jeden Tag am Bau war. Drei Jahre lang. „Das muss gemeinsam was werden, das war uns klar“, betont Eiynck. Kuhrs ergänzt: „Die Qualität der damaligen Beziehungen untereinander war enorm wichtig.“

Dass heute ein Café in den unteren Räumen des Hauses am Markt zu finden ist, stand ganz zu Anfang noch nicht fest. Vielmehr ließ Alfons Kuhrs Befragungen bei Lingens Bürgerinnen und Bürgern durchführen, was diese am Marktplatz noch vermissen würden. Die Zahl der Cafés dort war zu der Zeit noch begrenzt. Und so kam es, dass vor genau 15 Jahren das Café am Markt seine Türen öffnete. Bäcker- und Konditormeister Peter Lüttel übernahm es als Inhaber. 

Auch nach all den Jahren bereut Alfons Kuhrs seinen damaligen Kauf nicht. Trotz aller Hindernisse, der hohen Investitionen und Arbeit. „Ich freue mich einfach, dass meiner Familie dieses Objekt gehört“, erklärt der Lingener. Mit Blick in die Runde fügt er hinzu: „Ich war aber auch immer in guter Begleitung.“



Artikeldatum: 17. September 2020
Fotos v.o.n.u.: k.A., k.A.