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Archivalie – Februar 2016

Die Große Straße, Teil 2

: Das Schuhgeschäft August Albers in der Großen Straße 18.

Das Gebäude Große Straße 6 ist das älteste bekannte Bürgerhaus der Stadt Lingen. Nach dem Stadtbrand von 1548 wird es um 1559 errichtet. Es ist ein ein großes, zweistöckiges Giebelhaus aus Backstein, dem nahegelegenen Alten Rathaus nicht unähnlich. Vielleicht handelte es sich um das Geschäftshaus eines reichen Kaufmanns. Kaum zehn Jahre später errichtet er hinter seinem Haus und zur Schlachterstraße (Nr. 13) hin ein großes Lagergebäude mit runden Einfahrtstoren. Später ist das Haus als Hugenshaus bekannt. Von Beata Catrina Hugen geht das Haus auf ihre Tochter Berendina Spinckelinck über. Deren Witwer Abraham Regter verkauft das Haus 1721 an den Kaufmann und Ratsherrn Rudolph Hoorn (bis 1755 belegt) und seine Frau Bardina Wildrix. Ihnen folgt die Witwe Klinge (ca. 1764-1781).
Von den Erben Klinge erwirbt Witwe Anna Aleida Buchler geb. von Hoff 1783 das Haus, behält es jedoch nicht lange. Noch vor 1788 richtet sich hier nämlich der Bäcker Johann Christiani ein. 1817 ist er 74-jährig letztmalig nachweisbar. Das Haus geht nun auf den Schankwirt Jacob Schlamann (ca. 1825-1835) über, dann auf den Fabrikanten Joseph Veldmann (ca. 1835-1838), schließlich auf den Brauer Heinrich Müller (ca. 1838-1862). Ihm wiederum folgt der Schlachtermeister Johann Meyer. Spätestens 1905 übernimmt Wilhelm Körner die Schlachterei, zu der damals auch ein angebauter Stall sowie ein als Schweinestall oder Abort bezeichnetes Gebäude gehörte. Eine Bauskizze des Hinterhofes von 1924 zeigt zwei Schweineställe, einen Kuhstall (für eine Kuh), zwei Aborte und eine Räucherei. 1927 wurde die Außenmauer erneuert.

Schräg gegenüber, auf dem Grundstück Große Straße 11, wohnt zunächst wohl Christopher Schmits (ca. 1669-1699), danach der Schmied Jan Propstinck (ca. 1700-1727). In der dazugehörigen Kammer lassen sich außerdem die Juden Peter Meulenkamp (1714) und Nathan Salomon (1727-1729) belegen. Von 1729 bis 1766 – inzwischen wird es als ein großes Haus mit zwei Kammern beschrieben – erscheint hier der Zimmermann Jan Brunswyck. Ab 1772 erscheint ein gewisser Ruping sen. als Besitzer; eine Kammer vermietet er, die zweite steht zunächst leer und verschwindet dann ganz aus den Quellen. Durch Helena Schröder geb. Ruping geht das Haus um 1809 an den Blaufärber Ignaz Schröder. 1817 erscheint hier dann ein Jan Schröder. Dessen Frau Euphemia ist ebenfalls eine geborene Ruping. Um 1847 geht das Haus von den Erben Schröder auf Lambert Schröder über, um 1860 dann von dessen Witwe Lisette auf die Familie Fickers.
1895 lässt sich erstmals der Kaufmann Aron Markreich belegen, der hier ein Textilgeschäft betreibt. Drei Jahre später wird seiner Frau Auguste und ihm der Sohn Fredy Markreich geboren, der das Geschäft nach dem Tode der Eltern weiterführt. 1921 wird das wohl aus dem 18. Jahrhundert stammende Gebäude aufgestockt und erhält eine neue Fassade. Nach dem Verkauf des Hauses an seinen Nachbarn Droop (Große Straße 13) wird Fredy Markreich am 11. November 1938 von der SS abgeholt und nach Buchenwald deportiert. 1939 migriert er nach Liberia. Bis in die 1970er Jahre befindet sich das Haus im Besitz von Fritz Droop. Hier unterhält zunächst Hans Jansen eine Gastwirtschaft, dann Hans-Gerd Bauer eine Konditorei. Das Café Bauer besteht bis Anfang der 1990er Jahre. Bis 2013 befindet sich hier das Damenmodegeschäft Korte.

Weiter die Straße hinauf liegt die Große Straße 18, ursprünglich ein Nebenhaus zur Großen Straße 14/16. 1702 befindet sie sich im Besitz des Prokurators Hotze, dann ab etwa 1766 seiner Erben, ab etwa 1785 der Jungfer Hotze. Sie alle wohnen hier nicht, sondern vermieten das Haus an hochstehende Persönlichkeiten, etwa an Dr. Mollfanger, den Professor und Rektor H. Storck, den Kanzleidirektor Heinen, den Kriegsrat von Stille, den Professor Temicke und den Oberempfänger Lucassen.
Um 1800 mietet sich auch Professor Friedrich Heidekamp mit Frau und Magd ein und bleibt für gut 20 Jahre. 1827 verkauft Jungfer Hotze schließlich an Theodor Scharff, um 1838 geht das Haus schließlich auf August Hülster, Lehrer am Georgianum, über. In den 1890er Jahren erscheint der Fotograph Fritz Hüsig im Haus. 1905 lässt sich dann erstmals August Albers nachweisen. Er richtete hier ein Schuhwarengeschäft ein, das noch heute besteht. 1946 wurde das Gebäude aufgestockt, 1978 umgebaut.



Fotos v.o.n.u.: Stadtarchiv, Stadtarchiv