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Mit grünem Wasserstoff die Industrie dekarbonisieren

Ørsted und bp entwickeln gemeinsames Projekt in Lingen

Die bp Raffinerie Lingen spielt seit dem Start der Produktion in 1953 eine zentrale Rolle in der deutschen Industriegeschichte: Mit der Bereitstellung von Kraftstoffen, Heizöl und wichtigen chemischen Zwischenprodukten ist sie eng mit dem deutschen Energiesystem verbunden. Bis zum Ende des Jahrzehnts will das Unternehmen die konventionelle Raffinerie in ein integriertes Energiezentrum entwickeln – eine Produktionsstätte, die den sich ändernden Energiebedarf mit einer Vielzahl von zunehmend emissionsärmeren Energielösungen deckt. In Lingen will sich bp insbesondere auf die Produktion von Biokraftstoffen und grünem Wasserstoff konzentrieren. Abhängig von den zukünftigen Marktentwicklungen und möglichen Skalierungsoptionen plant bp in Lingen hierfür Investitionen in Höhe eines mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrages.


Produktionsstätte für nachhaltigen Flugkraftstoff aus gebrauchtem Speiseöl 

bp hat bereits den Grundstein für die Umwandlung der Raffinerie gelegt und erste Projektmeilensteine erreicht: Seit Februar 2022 produziert der Standort als erste industrielle Produktionsstätte in Deutschland nachhaltigen Flugkraftstoff aus gebrauchtem Speiseöl im sogenannten „Co-Processing“-Verfahren, bei dem die biogene Komponente gemeinsam mit Rohöl in den Anlagen verarbeitet wird. Diese alternativen Flugkraftstoffe sind als sogenannte Drop-In-Kraftstoffe kompatibel mit der bestehenden Flugzeugflotte und daher austauschbar mit konventionellem Kerosin. Mit dem im September geplanten Start eines 7-Tage-Versuchs zum Einsatz eines weiteren biogenen Einsatzstoffes im Raffinerieprozess, dem Öl der Carinata-Pflanze, wird bp einen nächsten wichtigen Meilenstein erreichen. Die Non-Food-Pflanze erhöht die Verfügbarkeit von nachhaltigeren Rohstoffen für die biogene Verarbeitung erheblich, was sowohl für Deutschland als auch für die EU von strategischer Bedeutung ist.

Biokraftstoffproduktion ausbauen

Diese Projekte dienen als Ausgangspunkt für bp, um seine Biokraftstoffproduktion vor Ort schrittweise auszubauen. Dafür sollen die Anlagen der Raffinerie nach und nach so angepasst werden, dass sie einen höheren Anteil an alternativen Rohstoffen im „Co-Processing“-Verfahren mitverarbeiten können. Dies wird Deutschland und andere europäische Länder dabei unterstützen, die steigende
Mindestbeimischungsquote an SAF (Sustainable Aviation Fuel, nachhaltiger Flugkraftstoff) der EU von bis zu 70% bis 2050 zu erreichen. Mit der steigenden Verarbeitung von Biokomponenten wird der Standort auch seine Produktion von HVO (Hydrated Vegetable Oil, hydrierte Pflanzenöle) und Bio-Naphtha erhöhen. HVO – auch bekannt als erneuerbarer Diesel – kann als emissionsärmerer Ersatz für herkömmlichen Diesel in der bestehenden Infrastruktur verwendet werden. Bio-Naphtha, ein Nebenprodukt des Co-Processing-Verfahrens, kann fossiles Naphtha als wichtiges Ausgangsmaterial für die Herstellung emissionsärmerer Kraftstoffe und chemischer Zwischenprodukte ersetzen.

Einsatz von grünem Wasserstoff

Raffinerien sind Teil eines komplexen Energiesystems. Die Umgestaltung der Raffinerie erfordert daher nicht nur eine Anpassung der Anlagen vor Ort, sondern auch der Energiequellen. In Zukunft soll der graue Wasserstoff, der derzeit für verschiedene industrielle Prozesse vor Ort verwendet wird, schrittweise durch grünen Wasserstoff ersetzt werden.

Zu diesem Zweck hat bp bereits erste Projekte in Deutschland auf den Weg gebracht. Mit dem Projekt „Lingen Green Hydrogen“ will das Unternehmen am Standort Lingen einen 100-MW-Elektrolyseur installieren, der später auf mehr als 500 MW aufgestockt werden kann, um mehrere Tonnen grünen Wasserstoff pro Stunde zu produzieren. Er kann dazu beitragen, den für die industriellen Prozesse am Standort benötigten grünen Wasserstoff zu liefern und damit die CO2-Emissionen erheblich zu reduzieren. Darüber hinaus soll der grüne Wasserstoff auch KundInnen in ganz Europa zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen Planungsstadium.

Wenn die IPCEI-Förderung in diesem Jahr von der Europäischen Kommission genehmigt wird, könnte der Elektrolyseur Anfang 2026 in Betrieb genommen werden. Der benötigte Strom aus erneuerbaren Energien könnte perspektivisch auch aus den bp eigenen Offshore-Windprojekten stammen. Im Juli dieses Jahres hat bp den Zuschlag für zwei Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee erhalten. bp prüft darüber hinaus weitere Wasserstoffprojekte, darunter ein potenzielles Importprojekt in Wilhelmshaven.

Durch die Anpassung der Produktion wird der Standort Lingen in der Lage sein, seine Scope 1 Emissionen um bis zu 60% zu reduzieren. Neben den genannten emissionsärmeren Lösungen wird Lingen auch weiterhin konventionelle Brennstoffe, Energie und Industrieprodukte zur Verfügung stellen, um die Versorgungssicherheit und eine geordnete Energiewende zu gewährleisten.

Als integriertes Energiezentrum wird der Standort auch weiterhin eine wichtige Rolle im globalen Raffinerienetzwerk von bp und bei der Umstellung auf ein integriertes Energieunternehmen mit Netto-Null-Emissionen bis 2050 spielen. Insbesondere wird er das Ziel des Unternehmens unterstützen, bis 2030 täglich 100.000 Barrel Biokraftstoffe zu produzieren. 



Fotos v.o.n.u.: BP Lingen